"Suche Freiwillige für gefährliche Reise. Niedriger Lohn, bittere Kälte, lange Stunden in vollständiger Finsternis garantiert. Rückkehr ungewiss. Ehre und Anerkennung im Fall des Erfolges."
1907 suchte der Brite Sir Ernest Shackleton mit diesem Inserat Freiwillige für eine Antarktis-Expedition, um den Südpol zu "erobern". 27 Männer konnte Shackleton motivieren, mit ihm in See zu stechen.
Nachdem der Südpol 1911 erstmals von dem Norweger Roald Amundsen erreicht worden war, kündigte Sir Ernest Shackleton im Dezember 1913 an, er wolle mit einem Trupp von Begleitern die Antarktis durchqueren – auf dem Seeweg.
Das hatte vor ihm noch niemand gewagt. Shackletons Segelschiff ENDURANCE (auf Deutsch: Durchhaltevermögen) – der Name hätte nicht besser gewählt werden können – verließ den britischen Hafen Plymouth am 8. August 1914. Fast zwei Jahre lang sollte die Welt nichts mehr von der ENDURANCE und ihrer Besatzung hören.
Shackleton fand das Weddell-Meer, den Zugang zu seinem Ziel, mit Eis bedeckt vor. Der Versuch, die Eisdecke zu durchbrechen, scheiterte rund 2.000 Kilometer vor dem Ziel.
Am 29. Januar 1915 saßen die Abenteurer endgültig mit 29 Mann und 69 Hunden bei Temperaturen bis - 26 Grad fest. Das Schiff war vom Packeis gefangen. Die letzte Hoffnung, das Schiff käme noch aus dem Eis frei, zerschlug sich, als nach weiteren elf Monaten die sich auftürmenden Eismassen den Schiffsrumpf zerdrückten.
Am 21. November 1915 verschluckten das Eis und die Fluten des Meeres die Endurance.
"Nichts kann einen Menschen mehr zerstören, als wenn er sieht, wie sich seine Träume in Luft auflösen. Andererseits erkannte er (Ernest Shackleton), dass es nun ein anderes Ziel gab. Er sagte sich, wenn ich den Kontinent nicht überqueren kann, bringe ich wenigstens meine Leute lebend zurück. Man darf nicht vergessen, dass die Antarktis mit Leichen übersät war. Dieser fast fanatische Wunsch seine Leute lebendig zurückzubringen, wurde seine Triebfeder – es war das Einzige, das ihn interessierte.
Dieser Ziel-Wechsel von dem, was man sich vorgenommen hat, zum bloßen Herauswinden aus der Niederlage, ist eine Anstrengung, die viele Männer zerbrochen hat.
Shackleton hat sie nicht zerbrochen."
(Roland Huntford Polarhistoriker, Journalist und Autor)
Wie sich Shackletons Crew rettete und warum die Reise als Beispiel menschlicher Ausdauer, der Bedeutung eines Teams und seiner Führungspersönlichkeit sowie eines unbändigen Überlebenswillens 635 Tage im Eis in die Geschichte eingegangen ist, kann hier kostenlos angeschaut werden. Denn von der unglaublichen Überlebensleistung der Mannschaft hatte der australische Teilnehmer, Kameramann Frank Hurley, über 100 Fotos und umfassendes Filmmaterial hinterlassen – Material, das durch seine Authentizität fasziniert und den Dokumentarfilm "Verschollen im Packeis" initiierte.
Der Dokumentarfilm gewann etliche Preise, Zuschauerpreise in Aspen und Florida, in Chicago den Preis der Filmkritik sowie Auszeichnungen auf den Festivals in Hawaii, Portland und Seattle.
Wie gut die ENDURANCE erhalten ist, zeigt ein Video der BBC hier. Denn sie wurde nach 107 Jahren – an Shackletons 100. Todestag – in über 3.000 Metern Tiefe gefunden. Dank des Antarktis-Vertrags, der festlegt, dass die unbewohnte Antarktis zwischen 60 und 90 Grad südlicher Breite ausschließlich friedlicher Nutzung – besonders der wissenschaftlichen Forschung, vorbehalten bleibt – darf sie nicht angerührt oder etwas von ihr geborgen werden. So macht sie ihrem Namen ENDURANCE nach über 100 Jahren weiterhin alle Ehre, während der "Shackletonsche Führungsstil" in vielen Management-Büchern aufgegriffen wird.
"In einer Zeit, in der unsere Sicherheiten bersten wie die Balken der Endurance", so die Times, "sehnen wir uns nach Führern, die uns gesund und menschenwürdig durch alle Gefahren leiten (...)." während Brand Eins ergänzt: "All das ist mindestens so irrational wie der Ehrgeiz, der Shackleton vor 90 Jahren immer wieder Richtung Südpol trieb. Aber es ist auch irgendwie menschlich. Shackleton ist einfach genau jene Sorte Held, die wir gerade dringend brauchen."